Ausgezogen by Steffi von Wolff

Ausgezogen by Steffi von Wolff

Autor:Steffi von Wolff [von Wolff, Steffi]
Die sprache: deu
Format: mobi
Tags: Kinder- und Jugendbücher/Jugendbücher ab 12 Jahre
Herausgeber: rowohlt
veröffentlicht: 2012-07-06T12:19:49+00:00


Nachmittags übte Nelli mit ihren Freundinnen Hula-Hoop im Garten. Sie schrien und kreischten dabei, dass es kaum auszuhalten war. Und dann stand der Professor in der Tür, der ihnen erklären wollte, wie man die Rosen zu düngen hatte. Das waren nämlich teilweise sehr seltene Sorten, und die mussten speziell behandelt werden, sonst hatte man nicht so furchtbar lange Freude daran. Er würde das ja alles gern selbst machen, aber das Alter, das Alter, der Rücken, die Gicht und was sonst noch alles.

«Bald kommt meine Schwägerin mit ihrem Mann zu Besuch», erzählte er den vieren. «Und noch andere Verwandtschaft. Meine Frau feiert nämlich einen runden Geburtstag. Da gibt es noch viel vorzubereiten. Meine Frau wird backen. Das tut sie so gern.»

Das glaubten sie.

«Deirdre kommt aus Texas», erzählte er weiter. «Sie ist mit Leib und Seele Texanerin. Sie hat mal versucht, Schweine zu züchten, aber das hat nicht geklappt, weil sie eine Tierhaarallergie hat.»

«Wie schade», sagte Nicole höflich.

«Deirdre heißt auch gar nicht Deirdre», lautete die nächste Information. «Das ist sozusagen ihr Künstlername. Eigentlich heißt sie Helga, weil sie ja aus Deutschland kommt. Aber in Texas hört sich Deirdre besser an, finden Sie nicht?»

«Samantha oder Jane hätte es doch auch getan», sagte Saskia. «Ist Deirdre überhaupt ein amerikanischer Name?»

«Das ist doch egal», sagte der Professor. «Und jetzt ist es doch auch zu spät, um den noch zu ändern. Deirdre ist schon weit über achtzig, aber noch agil wie ein Holzbein.»

«Sicher meinen Sie fit wie ein Turnschuh?», fragte Julia verwirrt.

«Möglicherweise», nickte der Professor. «Ich stelle jetzt den Dünger in den Schuppen. Man darf nicht zu viel davon benutzen, sonst gehen die Pflanzen kaputt. Diese kleinen Kügelchen haben es in sich. Man muss sie gezielt einsetzen, sonst ist alles hin. Haben Sie das verstanden?»

«Sicher», sagte Saskia.

«Haben Sie denn schon Ihre neuen Nachbarn kennengelernt?», fragte Herr Haselmaus. «Allesamt nette Leute, da leiste ich einen Eid drauf. Ach, da haben wir ja die Nelli. Na, Nelli, das ist ja ein lustiger Reifen.»

«Guten Tag», sagte Nelli höflich. «Durch das sogenannte Reifentreiben bleibe ich in Form. Nichts möchte ich weniger, als frühzeitig Speck anzusetzen. Schon Hippokrates hat das im vierten Jahrhundert vor Christus empfohlen. Menschen mit nicht ausreichender Konstitution sollten diese Reifen benutzen.»

«Ha!», rief der Professor. «Sehr gut. Sag mal, Nelli, seit wann gibt es denn die Odenwaldbahn?»

«Seit 1882. Seit 2005 wird sie mit einem Dieseltriebwagen bedient. Kursbuchstreckennummer 641.»

«Wer war Adolf Brütt?»

«Ein Bildhauer. Geboren 1855 in Husum. Gestorben 1939 in Bad Berka. Er ist unter anderem der Erbauer des Theodor-Storm-Denkmals.»

«Ha!», machte der Professor wieder.

«Sag mal, Nelli», sagte Saskia. «Ist dir das nicht selbst ein bisschen unheimlich, dass du so viel weißt?»

«Nee», antwortete Nelli. «Mir ist eher unheimlich, dass die meisten Leute, die ich kenne, so gut wie nichts wissen.» Nach diesen Worten ging sie mit ihrem Reifen zu ihren kreischenden Freundinnen zurück.



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